Backstage: Felix Römer

von DigitaleBuehne_Admin

Ein Filmmusikkomponist in der Nutzungsbetreuung

Backstage: Felix Römer

Felix Römer / Foto: privat

Ein Filmmusikkomponist in der Nutzungsbetreuung der Digitalen Bühne

Felix Römer ist ein ausgebildeter Pianist, der im Bachelor am Jazzinstitut der Universität der Künste Berlin studiert hat und das breite Angebot der Hochschule nutzte, um sich auch in visuellen Bereichen zu bilden, zum Beispiel in der Klasse Generative Kunst und in der Klasse für experimentellen Film. Danach studierte Felix Klavier- und Orgelimprovisation in Paris, und schloss einen Master in Filmmusik an der Filmuniversität Babelsberg an. „Das Studium bietet eine fundierte Ausbildung in Komposition für Orchester, in Kooperation mit dem deutschen Filmorchester haben wir gelernt, wie man für Orchester schreibt und aufnimmt. Wir wurden schon im Studium mit Regisseur:innen vernetzt und konnten anfangen, Filmmusik für reale Projekte zu entwerfen.“ Es gibt dabei zwei Aspekte: Erstens muss man die Musik finden, die zu den Bildern passt, und zweitens muss man diese Musik für einen bestimmten Klangkörper arrangieren. „Ich sehe einen Film an und improvisiere am Klavier, bis ich eine Idee habe, welche Musik mit den Bildern zusammenpasst. Wenn ich das musikalische Grundgerüst gefunden habe, schreibe ich es auf und weise den einzelnen Stimmen oder Motiven Instrumentengruppen zu. Das Stück für ein Orchester ist dann der musikalische Grundkörper in einem anderen Kleid.“ Felix konnte während seines Studiums Musik für Filme verschiedener Länge schreiben - für den Dokumentarfilm „Replay. Die letzte Spielzeit“ von Clara Schmieder, für den Kurzfilm „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ von Maximilian Conway, koproduziert von 3SAT, für den VR-Stummfilm „Der Schlagbaum“ von , und für 2 bis 3 minütige Animationsprojekte. Das Matching mit den Regisseur:innen kam über Projektpräsentationen in einer Ideenbörse zustande, die in der Filmuniversität regelmäßig stattfindet.

Felix Römer / Foto: Richard Koester

Für sein eigenes Projekt „L’orgue génératif“, das den traditionellen Ablauf der Filmmusikkomposition umkehrt, hat Felix 2021 den Förderpreis des Instituts für künstlerische Forschung an der Filmuniversität bekommen. „In der üblichen Ordnung geht man von den Bildern aus und schreibt dazu die Filmmusik. Ich wollte gern Filmmusik schreiben für mein Lieblingsinstrument, die Orgel, aus der dann Bilder produziert werden.“ Felix konnte mit der Kinoorgel im Filmmuseum Potsdam arbeiten, deren Klangmöglichkeiten über die einer Kirchenorgel hinausgehen, man kann mit ihr Schlagwerke, Regengeräusche oder Glockenspiele einbeziehen. „Ich habe bedauert, dass es keine zeitgenössische Musik für dieses Instrument gibt, das im Stummfilm-Kontext eingesetzt wird und sich einer Ästhetik der 1920er Jahre bedient.“ Felix schrieb ein zeitgenössisches Stück für die Kinoorgel und hat mit seinem Projektteam Künstliche Intelligenz eingesetzt, um aus der musikalischen Vorlage Bilder zu generieren. „Wir haben das Netzwerk Big GAN verwendet, mit dem man Standbilder erzeugen kann, und unser Computeringenieur hat das System dann so erweitert, dass es eine Sequenz von Standbildern produzieren kann, die aussieht wie ein animierter Film.“ Das Projekt wurde in der Filmuniversität präsentiert und im Filmmuseum Potsdam live aufgeführt, mit einem Organisten aus Paris, der die technisch anspruchsvollen Orgelpassagen spielte. Weitere Aufführungen sind geplant.

Im Workflow der Filmmusikproduktion sieht Felix viele Anwendungen, in denen die Digitale Bühne einen Mehrwert zeigt, angefangen mit dem Präsentieren von Kompositionen für die Regisseur:innen, das über übliche Videokonferenzsysteme nur mit starken Einschränkungen möglich ist. „Wenn man ein Orchester in Remote Sessions aufnimmt, dann kann man zum Beispiel die Streicher und die Bläser getrennt in das Mischpult der Digitalen Bühne schicken, und während das Orchester aufnimmt, kann der Komponist oder die Komponistin an einem anderen Ort die Bläser leiser stellen und die Streicher lauter, um zu hören, ob sie optimal spielen.“ Mit dem 3 D-Raumeditor kann man die Instrumentalisten auf der Digitalen Bühne so anordnen, dass ein räumliches Klangbild entsteht, das der Live-Situation viel näher kommt als eine einfache Stereo-Übertragung.

Aber auch experimentelle Set-ups bieten einen Mehrwert, zum Beispiel das Improvisieren auf Distanz, wo vielleicht ein Musiker in London seine elektroakustische Improvisation über die Digitale Bühne live in einen Berliner Konzertsaal überträgt, in dem andere Musiker:innen mit ihm synchron zusammen spielen. „Oder eine Improvisatorin spielt in Berlin live on stage, während andere Musiker:innen remote über die Digitale Bühne mit ihr zusammen spielen und auf der Leinwand im Saal eingeblendet werden.“ Wenn ein Komponist oder eine Komponistin mit Musiker:innen von verschiedenen Orten auf der Digitalen Bühne eine Komposition einübt, dann hat das Set-up arbeitspraktisch den Vorteil, dass das Ensemble anders ausgewählt werden kann, weil es nicht ständig am selben Ort präsent sein muss. „Auf der künstlerischen Ebene kann man den Aspekt der Distanz schon beim Komponieren mitdenken und ein Stück spezifisch für dieses Set-up schreiben. Im Blick auf die Zukunft sind kreative Ansätze spannend, in denen man die Digitale Bühne so nutzt, dass die Zusammenarbeit von verschiedenen Orten aus schon im Grundkonzept einer Theateraufführung oder einer Komposition verankert ist. Man muss es einfach wagen, mit solchen Projekten neue Möglichkeiten zu erschließen, auch wenn sie zunächst ein Sprung ins Unbekannte sind.“

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