Beate Lex und Maximilian Westphal im Gespräch - Teil 1

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test: Die Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Baden-Württemberg

Die Digitale Bühne im Test

Kick-Off-Event für den Kultur-Hackathon "Coding da Vinci" Baden-Württemberg 2022 im ZKM Karlsruhe / Foto: Tanja Meisner

Die Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Baden-Württemberg

Beate Lex und Maximilian Westphal im Gespräch - Teil 1

Die MFG Baden-Württemberg ist eine Einrichtung des Landes Baden-Württemberg und des Südwestrundfunks, die in ihren verschiedenen Arbeitsfeldern die Kultur- und Kreativschaffenden im Bundesland unterstützt. In ihrem Kompetenzfeld Digitale Kultur begleitet und berät die MFG im Auftrag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg staatliche und nichtstaatliche Museen, Theater, Archive, Musik- und Kunsthäuser auf ihrem Weg im digitalen Wandel. Beate Lex leitet das Kompetenzfeld Digitale Kultur der MFG, Maximilian Westphal ist Projektleiter Digitale Kultur.

Beate Lex / Foto: MFG Baden-Württemberg

Beate Lex. Wir arbeiten im Kompetenzfeld Digitale Kultur seit 2015, in den letzten Jahren haben wir unsere Aktivitäten stark ausgebaut und erweitert. Unser Fokus sind dabei alle digitalen Arbeitsfelder, Aufgaben und Herausforderungen in den Kultureinrichtungen, die sich an ein Publikum richten. Wir beraten, coachen, vernetzen und bilden weiter - unser Stichwort ist „digital literacy”, was für uns bedeutet, dass sich die Kultureinrichtungen mit einem digitalen Mindset auf die Dynamik unserer postdigitalen Gesellschaft einstellen und ihre Strukturen, Arbeitsfelder und Arbeitsweisen entsprechend ausrichten. Wir sprechen gern von Agilität und sind überzeugt, dass wir die Bedürfnisse und Bedarfe des Publikums, der Besucher:innen und Nutzer:innen in den Mittelpunkt stellen müssen. Unser Ziel ist, den Kultureinrichtungen zu einer gesteigerten Relevanz zu verhelfen.

Stefan Winter. Was Sie beschreiben, ist eine Transformation auf breiter Linie, die aber auch tiefgreifend ist. Wir können ja nicht einfach die bekannten künstlerischen Formate und Interaktionsformen mit dem Publikum digital abbilden. Beides verändert sich selbst mit der Digitalisierung, da bewegt sich das Gesamtbild.

Beate Lex. Das Digitale hat seine eigene Gesetzmäßigkeit, seine eigenen Regeln, und es braucht auch seine eigenen Formate. Die digitale Transformation bezieht sich auch auf die Weisen der Vermittlung künstlerischer Werke und Prozesse. Man kann eine Führung im Museum nicht eins zu eins im Netz replizieren, so dass sie spannend bliebe für das potenzielle Publikum. Wir müssen andere Formen finden, in die Interaktion zu gehen. In kleineren digitalen Aufführungen kann man zum Beispiel einen Call & Response Kanal aufmachen, und das Netzpublikum kann beeinflussen, was es sieht. Es hat sich gezeigt, dass solche Formate gefordert sind und auch gesehen werden. Mit dieser Transformation der Form wandelt sich auch das Profil des Publikums: man kann jetzt über ein weltweites Publikum nachdenken und zugleich auch über ein lokal spezifisches Programm. Wir dürfen die digitale Erfahrung und das analoge Erlebnis vor Ort nicht als Opposition verstehen - sie sind zwei Welten, die sich bedingen, sich beeinflussen und miteinander da sind.

Maximilian Westphal / Foto: MFG Baden-Württemberg

Stefan Winter. Im Dialog mit Entwicklungspartner:innen sehen wir, dass das Miteinander von Digitalem und Analogem an vielen Punkten schon konkret funktioniert. Jugendliche, die mit anderen Musik machen möchten, finden über Online-Plattformen Gleichgesinnte und können mit ihnen über die Digitale Bühne von verteilten Orten aus gemeinsam spielen. Wenn das Setup stimmt, packen sie irgendwann ihre Instrumente ein und spielen auch face to face zusammen.

Maximilian Westphal. Wir haben das Thema “digitale Probe” gerade mit dem KlangForum Heidelberg aufgegriffen. Das Forum ist ein Verein, der am Investitionsprogramm ZUKUNFTSSTARK teilnimmt, mit dem unser Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst auch digitale Projekte fördert. Das KlangForum vereint unter seinem Dach die beiden Ensembles SCHOLA HEIDELBERG und ensemble aisthesis als lebendiger Ort der Vermittlung wie Aufführung zeitgenössischer Musik. Mit der Förderung möchte das teilweise ehrenamtlich tätige Team interne Prozesse und Infrastruktur digitalisieren, und dabei geht es auch um die Proben. Ich betreue ZUKUNFTSSTARK als Projektleiter und habe das Klangforum mit der Digitalen Bühne in Verbindung gebracht. Sie haben in digitalen Proben schon mit verschiedenen Tools und Medien gearbeitet und nun ihre Ziele und Herausforderungen klar formuliert. Ich habe die Digitale Bühne im Testing erlebt, mich auch mit Nutzer:innen in anderen Bundesländern ausgetauscht, und sehe sie als eine vielversprechende Lösung. Das KlangForum wird sie jetzt ausprobieren, und genau das ist ja auch ein Merkmal eines digitalen Mindsets: sich auf Dinge einzulassen, sie zu testen und zu sehen, ob es klappt.

Stefan Winter. Die Digitale Bühne hat ein Netzwerk von Entwicklungspartner:innen aufgebaut, in dem Institutionen, aber auch kleine Gruppen und Ensembles Erfahrungen austauschen können, die sie mit digitalem Unterricht und mit digitalen oder hybriden Proben und Aufführungen gesammelt haben. Das teatreBLAU zum Beispiel hat in einem längeren Prozess herausgefunden, wie das technische Setup für eine hybride Opernaufführung mit digitaler Szenographie aussehen kann. Der technische Leiter Lukas Thiele hat es dokumentiert, um die Erfahrung im Netzwerk zu teilen, damit andere Ensembles mit ähnlichen Interessen das Rad nicht neu erfinden müssen. Ein weiterer Zug des digitalen Mindsets ist ja auch die Tendenz zur Community.

Maximilian Westphal. Das Netzwerken ist ein wesentlicher Bestandteil der Förderprogramme, die wir gestalten. Im Rahmen des ZUKUNFTSSTARK Programms haben wir auch Themen der Barrierefreiheit, die mehrere Museen betreffen - wir haben sie in Verbindung gebracht, damit sie sich absprechen können und nicht alle allein von vorne anfangen müssen.

Stefan Winter. Viele unserer Entwicklungspartner:innen betonen, dass die Digitale Bühne eine neue Dimension des Hörens öffnet, die sich im Setup mit Headset, Mikrofon und Interface erschließt. Ich höre mich selbst und die anderen im digitalen Audioraum viel näher und viel deutlicher, was bei Proben auch ein Ansporn sein kann. Es ist eine Konzentration auf das Hören, die praktisch in der Technologie eingebaut ist.

Beate Lex. Digitale Technologien und künstlerische Arbeitsweisen beeinflussen sich wechselseitig. Marshall McLuhan: the medium is the message. Das Medium beeinflusst unser Handeln, unser Arbeiten, und natürlich auch das gemeinsame Proben. Hier gibt es immer wieder neue Möglichkeiten, die wir produktiv entwickeln können.

Teil 2 des Gesprächs erscheint im Newsletter Februar 2023.

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