Boris Braune, Stiftungs- und Transformationsmanager Nachhaltige Kultur, im Gespräch
Boris Braune hat seinen beruflichen Schwerpunkt von Anfang an in der Musik und spezialisierte sich früh auf das Musik- und Stiftungsmanagement. Seine umfassende Erfahrung begann an hochkarätigen Orten wie Schloss Elmau, dem Cairo Opera House sowie bei der Agentur Askonas Holt in London, und führte ihn langjährig ins Orchestermanagement als Projektleiter der Bayerischen Philharmonie. Seit 2016 fokussiert auf das Stiftungswesen, verantwortete er seit 2018 bis vor Kurzem das Stiftungsmanagement der GEMA-Stiftung sowie einer weiteren unternehmensnahen Stiftung der GEMA.
Sein Selbstverständnis ist das eines „Ermöglichers aus Leidenschaft“. Dies kommt insbesondere der Jugendmusikförderung und der Zeitgenössischen Musik zugute. Im Ehrenamt leitet er daher seit 2016 als Präsident den Landesverband Bayern der Jeunesses Musicales Deutschland und ist seit 2018 Co-Initiator sowie Geschäftsführender Vorstand von Jugend komponiert Bayern e.V. Ein Alleinstellungsmerkmal des gleichnamigen, jährlich landesweiten Wettbewerbs und der ergänzenden Akademie ist dabei, dass junge Komponist:innen mit jungen Instrumentalist:innen zusammen kommen und voneinander lernen.
In den Aktivitäten der Jeunesses Musicales Bayern spielt die Förderung und Reflexion von Werten eine tragende Rolle: „In unserem Projektformat ‚im einKLANG - Jugendensembles leben Werte‘ laden wir junge Ensembles ein, das gemeinsame Musizieren und das Nachdenken über Wertefragen miteinander zu verbinden. Die Jugendlichen wählen hier gemeinsam einen zentralen Wert, zum Beispiel Frieden, den sie für ein ganzes Schuljahr, vom Herbst bis zur finalen Aufführung im folgenden Sommer, selbst und begleitet durch philosophisches Coaching künstlerisch entwickeln.“
In der Verknüpfung einer Wertekultur mit Fragen des Klimawandels entwickelt und koordiniert Boris Braune derzeit unter Beteiligung zahlreicher renommierter Partner:innen die Initiative KLIMAbrauchtWERTE im Rahmen des Wertebündnis Bayern (ein Zusammenschluss von über 220 Organisationen aus allen Bereichen der Gesellschaft), zum Klimaschutz und zur Stärkung der Zivilgesellschaft als treibende Kraft eines nachhaltigen Transformationsprozesses. Die Maßnahmen beginnen voraussichtlich im Herbst/Winter 2024/2025.
Gerade in Fragen der Nachhaltigkeit ist die Digitalisierung und Digitalkompetenz ein wichtiger Faktor, wie Boris Braune als Vorstand der Freunde des Duo ASAP zur Förderung der Kammermusik e.V. - eine weitere Herzensangelegenheit für ihn - „en miniature“ erfahren hat. Das Duo ASAP ist ein mit internationalen Preisen ausgezeichnetes Violinduo. Es vergibt an Komponist:innen regelmäßig Auftragswerke, die über die Duo-Besetzung oft hinausgehen und sogar spartenübergreifend aktivierend wirken.
„Die Gattung Violinduo ist eine spannende Nische der Kammermusik. So war es aus unserer Sicht geboten, ausgehend von dem „musikalischen Schwungrad Duo ASAP“ eine Förderinstitution zu gründen, um diese Gattung einem größeren Publikum zugänglich zu machen.“ Während der COVID Pandemie hat das Duo ASAP im Jahr 2021 angefangen, mit der digital-stage-ov-box online zu proben, und auch nach der Pandemie bleibt der digitale Arbeitsraum im Einsatz. Die Musikerinnen sind nicht immer am selben Ort, müssen aber, gerade beim Einstudieren eines neuen Repertoires, flexibel gemeinsam proben können. „Die Aufhebung der räumlichen Distanz durch Reisen ist dann nicht immer möglich, und mit Blick auf die Klimabilanz, die wir für das Duo und seine Projekte 2022 erstmals erstellten, auch nicht immer ideal.“
„Wir haben uns 2021 beim Freistaat Bayern dafür eingesetzt, dass die Digitale Bühne als eine Möglichkeit, um die die räumliche Distanz zu überbrücken, distribuiert wird an die Freie Kunst-Szene.“ Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, der Bayerische Musikrat, das Digitale Bühne-Team und Akteure der Freien Kunst-Szene Bayerns sind in der Folge „just in time“ in eine Entwicklungspartnerschaft eingetreten, die sich bis heute produktiv fortsetzt. „Es ist aus meiner Sicht ein Glücksfall, dass wir die Digitale Bühne gemeinsam ausprobieren konnten, ohne zu warten, bis alles perfekt ist, sondern mit der Bereitschaft, im laufenden Betrieb nachzujustieren. Dieser iterative Prozess ist angesichts der bevorstehenden Transformation essentiell.“ Aktuell setzt das Duo ASAP die Digitale Bühne ein in der Vorbereitung auf fünf Konzerte (inklusive Uraufführung einer Auftragskomposition des Münchner Komponisten Pierre-Dominique Ponnelle) auf dem Podiumfestival in Haugesund / Norwegen im Juni 2024. Dass ein Teil der Proben online durchgeführt wird und Tourneen ressourcenschonend geplant werden, begründet sich auch in der Selbstverpflichtung für Klimagerechtigkeit sowie der Unterzeichnung der bundesweiten Nachhaltigkeitsdeklaration für den Kulturbereich im Jahr 2022. „Wir sehen den Kulturbereich allgemein vor einer zweifachen Aufgabe: erstens klimaschädliche Emissionen zu reduzieren und zweitens vor allem durch kulturelle Praxis für einen ethischen Wandel zu einer Nachhaltigkeitskultur beizutragen. Für unser eigenes Tun orientieren an den uns selbst gegebenen Leitlinien für eine nachhaltige Kultur und Zukunftsfähigkeit“ sagt Boris Braune, der 2022 als Transformationsmanager Nachhaltige Kultur (IHK Köln) zertifiziert wurde und Kulturinstitutionen in verschiedenen Bundesländern – u. a. das Niedersächsische Landesmuseum Hannover - berät.
Für den fortgeschrittenen Musikunterricht bieten Arbeitsräume wie die Digitale Bühne eine Möglichkeit, das Ziel, Jugendliche am Instrument zu fördern, mit Forderungen der Nachhaltigkeit zu verbinden. Gerade in ländlichen Gegenden haben Instrumentalschüler:innen und junge Ensembles oft lange Fahrtwege zurückzulegen, die ein echtes Hindernis sein können. „Im Instrumentalunterricht ist der persönliche Austausch natürlich unerlässlich und sollte dies auch bleiben. Es kann aber durchaus eine Erleichterung sein, wenn die eine oder andere Stunde in Ergänzung auch einmal digital stattfinden kann.“ Auch im Orchesteraustausch über Grenzen hinweg, der wertvolle Gemeinschaftserfahrungen in der interkulturellen Verständigung möglich macht, können digitale Angebote eine zusätzliche Option sein.
Im Blick auf die Zukunft der Digitalisierung in der Musik sieht Boris Braune noch allgemeine Ausbaufähigkeit hinsichtlich der Qualität im Erleben des Digitalen. „Wenn wir in einen Konzertsaal gehen, dann ist die Atmosphäre des Raums in all ihren sinnlichen Erfahrungen ein zentraler Bestandteil des Musikerlebens, für das Publikum genauso für die Musizierenden.“ In der Absicht, sich dieser Erfahrung weiter anzunähern, sind erste digitale Testräume entstanden, die eine plastischere visuelle und akustische Erfahrung bieten. „Wenn die digitalen Medien eine Lösung sein können, um Transformationsprozesse mitzugestalten und dafür zu sorgen, dass viele Menschen eingebunden werden, möglichst niederschwellig, dann wäre die spannende Frage, ob man solche digitalen Räume, zum Beispiel in Kultur- bzw. Gemeindezentren, ausbauen und öffentlich nutzbar machen kann.“
Boris Braune unterstreicht abschließend: „Die Digitale Bühne hat auf Problemlagen mit innovativen Lösungen reagiert. Sie hat dadurch geholfen, Herausforderungen zu meistern. Zudem gestaltet sie Transformationsprozesse aktiv mit.“