Das Centre d’Investigació Escènica (C.I.N.E.) in Sineu / Spanien. Biel Jordà im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test:

Die Digitale Bühne im Test

Biel Jordà (Foto: Sabrina Jordà)

Das Centre d’Investigació Escènica (C.I.N.E.) in Sineu / Spanien. Biel Jordà im Gespräch

Nachdem Biel Jordà Aufführungsmanagement und Dramaturgie am Institut del Teatre in Barcelona und Zirkuskünste an der Circus Space School in London studiert hatte, gründete er mit Marta Barceló 1998 die Zirkuskompanie Res de Res in Sineu, einem Dorf im Zentrum von Mallorca. „Unsere Shows, zum Beispiel Icars, Mara, Tempo, Maria? und Septembre, kamen gut an, und mit der Zeit wurde unsere Kompanie sowohl in Spanien wie im Ausland ganz erfolgreich.“ Seit 2008 unterrichtet Biel auch an der Escuela Superior de Arte Dramático de las Islas Baleares (ESADIB) in Palma de Mallorca, wo er zur Zeit Studienleiter ist. Und in einem dritten Arbeitsfeld gründete er 2016 mit Marta Barceló in Sineu das Centre d'Investigació Escènica (C.I.N.E.). „Wir haben das Haus mit dem hohen Saal gekauft, anfangs war das unser Probenraum, aber mittlerweile teilen wir ihn mit Ensembles und Künstler:innen aus ganz Europa, die uns besuchen.“ Sineu ist ein kleines Dorf mit etwa 500 Einwohner:innen, ein sehr ruhiger Ort, unberührt vom Tourismus, der sich in Mallorca an der Küste entfaltet - Künstler:innen mit Schwerpunkt Zirkus und neue künstlerische Sprachen, die in der Regel für etwa zwei Wochen nach Sineu kommen, können sich hier ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. 

„Jedes Jahr veranstalten wir im September das Ciclop Festival, ein Visual Theatre Festival, das sich um den Zirkus dreht, mit Veranstaltungen im C.I.N.E. und in ganz Sineu. In den letzten 20 Jahren hat sich das Image von Zirkusvorstellungen verändert, sie werden jetzt als Kunstform anerkannt und geschätzt, und heute gibt es auf Mallorca und in ganz Spanien viele Künstler:innen und Ensembles, die sehr schöne Aufführungen zeigen.“ Und der Zirkus ist eine volksnahe Kunstform geblieben, wie man zum Beispiel an den Auftritten von Guillem Vizcaíno sehen kann, der mit einem Holzkreisel und einem Seil arbeitet und damit Spiele evoziert, die fast alle auf Mallorca kennen. „Die künstlerischen Medien, die im Zirkus miteinander verbunden sind, sind Bühnenbild, Performance, Licht und Musik, und einige Künstler:innen fangen jetzt auch an, mit audiovisuellen Projektionen zu arbeiten. Im Augenblick wird das eher von Kompanien in Nordeuropa eingesetzt, aber in der Zukunft wird es auch zu uns nach Mallorca und Spanien kommen.“

Biel Jordà bei der Arbeit (Foto: Santiago Stankovic)

In seinem entschlossenen Engagement für die Internationalisierung und die Interaktion mit Künstler:innen und Ensembles aus anderen Ländern hat C.I.N.E. 2019 das Netzwerk Island Connect mitgegründet, das zunächst aus Zentren für Darstellende Kunst auf Inseln in Kroatien, Dänemark, Griechenland, Irland und Spanien bestand. Seit 2022 wird das Projekt im Programm „Creative Europe“ gefördert, damals kamen Zentren aus Frankreich und Italien dazu, und in einer nächsten Phase werden auch Partner:innen aus Zypern, Island, Norwegen und Portugal dabei sein. „Das Projekt hat drei Aktionsbereiche: Erstens den Austausch in Form von Residencies innerhalb des Partnernetzwerks, wo wir alle von den unterschiedlichen Ansätzen und Perspektiven lernen, die andere Ensembles einbringen. Zweitens die Forschung zum Charakter der Inseln und zu Veränderungen ihrer Umgebung, bei der auch das Verhältnis von Land und Wasser reflektiert wird. Und der dritte Bereich ist eine Co-Creation, bei der jede Partnerinstitution einen Künstler oder eine Künstlerin schickt, die gemeinsam eine Aufführung gestalten.“

In einer umfassenden Perspektive treffen sich die Projektpartner einmal im Jahr zu einem SpringLab, um darüber nachzudenken, wie der Austausch unterschiedlicher Sichtweisen und Ansätze die Arbeit jedes einzelnen Zentrums im Projekt bereichert. „Alle Partner haben etwas gemeinsam, aber sie haben auch unterschiedliche Hintergründe und Perspektiven, und vielleicht gibt es Fragen, die wir nie gestellt haben, aber die Kollegen aus dem Norden bringen sie zur Sprache und lassen uns dadurch besser verstehen, wo wir leben und arbeiten.“ Das SpringLab ist auch ein Workshop für den Kompetenzaufbau, der das Ziel hat, den Partnerorganisationen Werkzeuge für die Entwicklung und Nachhaltigkeit ihrer künstlerischen Projekte an die Hand zu geben. Dabei sind die neuen digitalen Medien ein wichtiges Thema.

In einer früheren Kooperation mit Katja Lebelt und teatreBLAU hatte Biel ein neue Version der Oper Ba Ta Clan inszeniert, die auf der Digitalen Bühne von verschiedenen Orten aus online entwickelt und zu großen Teilen auch geprobt wurde. Die Oper wurde dann in den kleinen deutschen Orten Seelow und Angermünde in hybriden Aufführungen gezeigt - das Live-Streaming über die Digitale Bühne ließ ein internationales Publikum an dem Stück und an der anschließenden Diskussion teilhaben. 

„Für unseren C.I.N.E.-Beitrag zur gLOKALE 2024 haben wir junge Künstler:innen gesucht, die starke Stücke aufführen, aber nicht die Struktur haben, ihre Arbeit auch im Ausland zu zeigen. So wird Pau Pasqual bei unserer gLOKALE-Veranstaltung in Sineu am 29. September die Solo-Performance The Night Just Before the Forests zeigen, die von dem französischen Autor Bernard-Marie Koltès inspiriert ist. Sie reflektiert den Inselcharakter Mallorcas und beleuchtet die Veränderungen im Ökosystem der Dörfer über die letzten Jahre.“ Nach der Aufführung wird es Raum für eine ausführliche Diskussion geben, die bei allen C.IN.E.-Veranstaltungen wichtig ist. Das Feedback aus verschiedenen Perspektiven hilft den Künstler:innen, besser zu verstehen, was sie uns geben. 

„Die lebendige Interaktion mit dem Publikum, live und online, ist ein Weg vorwärts für die Kunst. Für den Zirkus kann sie neue Möglichkeiten eröffnen: Ich finde es wichtig, dem Publikum eine Rolle zu geben, damit es Ideen einbringen kann, und das sogar von verschiedenen Orten auf der Welt aus. Ich könnte mir eine menschenleere Gegend vorstellen, in der eine Aufführung stattfindet, die niemand vor Ort miterlebt, die aber Tausende von Menschen im Internet ansehen und dazu ihr Feedback geben. Ich möchte auf der Linie solcher Ideen forschen, nächstes Jahr starten wir in ein neues Projekt, das in diese Richtung geht. Ich glaube, dass etwas sehr Neues und sehr Spannendes kurz bevorsteht.“

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