Das Theater am Rand. Almut Undisz im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test:

 

 

 

Die Digitale Bühne im Test

 

Foto: Tom Klingbeil

Das Theater am Rand. Almut Undisz im Gespräch

Almut Undisz hatte Germanistik und Psychologie studiert und war mit der Arbeit im Theater und im Film vertraut, als sie 1995 mit ihrer Familie von Leipzig in das Oderbruch zog. 2002 hat Almut Undisz angefangen, sich an der Arbeit des Theaters am Rand in Zollbrücke zu beteiligen, zuerst mit kleinen Beiträgen wie etwa Texten für das Programm, über die Jahre dann in wachsenden Bereichen, bis sie 2010 die Geschäftsführung und Teile der künstlerischen Leitung übernommen hat. „Das Theater am Rand ist nicht nach einem vorher festgelegten Plan entstanden, es wurde seit seiner Gründung 1998 vielmehr in kleinen Schritten aus der Situation heraus entwickelt.“ 1998 wollten der Schauspieler und Musiker Thomas Rühmann und der Musiker, Komponist und Produzent Tobias Morgenstern ein Stück, das sie erarbeitet hatten, für einen Kreis von Freunden spielen - „an einem Ort, an dem es niemand merkt. Die Freunde brachten wieder Freunde mit, und die beiden sind dann mit eigenen Produktionen weiter in ihrem Theater am Rand aufgetreten.“

2003 entstand ein Stück für drei Personen, weitere Schauspieler und Schauspielerinnen kamen bald dazu, und auch das Publikum war ständig angewachsen. „Im Wohnhaus wurden Wände herausgerissen, im Sommer haben wir auf mobilen Bühnen draußen gespielt, und dann entstand die Idee, ein festes Theaterhaus zu bauen. 2006 wurde die Bodenplatte gegossen, 2007 wurden die Stämme aufgestellt, die das Dach über dem Zuschauerraum tragen, 2008 kam das Dach und vier Jahre später haben wir den Bühnenraum erweitert.“ Mit neuen Stühlen und aufsteigenden Rängen kann das Theater am Rand jetzt bis zu 199 Sitzplätze anbieten, und die Bühne kann nach hinten geöffnet werden, je nach Wetterverhältnissen kann man sie auch mit einer Gaze verhängen, die Wind und Regen abhält. „Wenn die Bühne geöffnet ist, sieht das Publikum auf die Wiesen hinter dem Theater, auf drei Eschen und auf ein Schiff, einen verrosteten Schleppkahn mit Steg - die ländliche Umgebung als lebendes Bühnenbild."

Almut Undisz auf der Bühne im Gespräch mit Tobias Morgenstern und Thomas Rühmann (Foto: privat)

Das Repertoire, das im Theater am Rand gespielt wird, haben Thomas Rühmann und Tobias Morgenstern gemeinsam produziert. Etwa die Hälfte der Veranstaltungen wurde darüber hinaus durch Gastspiele und Konzerte abgedeckt. Inzwischen hat Tobias Morgenstern das Haus verlassen. „Nun besteht ein Teil unseres Programms aus den Theater- und Musikprojekten von Thomas Rühmann und der andere Teil weiterhin aus Gastproduktionen. Oft kommen dafür Künstlerinnen und Künstler aus Berlin, Leipzig oder Dresden zu uns.“ In der letzten Maiwoche zeigt das Theater ein Stück von Thomas Rühmann, „Der Schneesturm“, in dem er mit Holger Daemgen und der Sounddesignerin Mareike Trillhaus am Theremin auftritt. „Das Theremin ist ein Instrument, das über elektroakustische Schwingungen gespielt wird: man erzeugt die Töne, indem man die Hände zwischen dem Holzkorpus und den zwei Antennen auf eine besondere Weise formt und zueinander bewegt.“ Am ersten Junisonntag lesen Daemgen und Rühmann „Böse Märchen“ in der Adaption des amerikanischen Schriftstellers Michael Cunningham, und Rühmann spielt solo „Lebenslieder“; am nächsten Wochenende folgen Konzerte mit dem Songland Trio und dem Kreuzberger Klarinettenkollektiv und eine Performance nach dem Kinofilm „Solo Sunny“. „Wir haben keine festen Eintrittspreise, nach jeder Vorstellung empfehlen wir den Gästen einen Austrittspreis, um ‚die Brücke zwischen ihrer Gegenwart und unserer Zukunft‘ zu begehen. Am Ende steht es jedoch allen frei, das zu zahlen, was ihnen das Erlebnis im Theater wert war.“

„Wer aus Richtung Berlin oder Dresden nach Zollbrücke kommt, fährt lange durch das platte Land des Oderbruchs, durch Dörfer und Alleen, erfährt dabei einen Entschleunigungseffekt und findet einen unverwechselbaren kleinen Ort direkt an der Oder.“ Im direkten Umkreis des Theaters gibt es einen Ziegenhof und zwei Restaurants am Deich, in der weiteren Umgebung liegen der „Dom des Oderbruchs“ in Neuküstrinchen, das Fontanehaus in Schiffmühle und das Oderbruchmuseum in Altranft, in dem Geschichten aus dem Oderbruch gesammelt und in Ausstellungen, Lesungen und Performances künstlerisch umgesetzt werden. „Auf einer zimmergroßen Murmelbahn mit dem Relief des Oderbruchs können vor allem Kinder sehen, wie heute das Wasser fließt, und in dem Kolonistendorf Neulitzegöricke kann man nachvollziehen, wie das Oderbruch im 18. Jhd. weitgehend trockengelegt wurde.“ Wer sich Zeit nimmt, erfährt hier die Langsamkeit der Landschaft, die im September auch im Theater am Rand Thema ist.

Im Rahmen des gLOKALE Festivals 2024 „Über Orte“ plant das MONAS Kollektiv in Zusammenarbeit mit teatreBLAU und der Digitalen Bühne gGmbH für den 26. September 2024 in Zollbrücke die Klang- und Videoinstallation Landschaft und Kunst im Austausch. Eine Chronik der Langsamkeit. Über Mikrofone und Sensoren sollen Klangprofile von Pflanzen, Tieren, Moor und Grünland in den Theaterraum eingespielt werden, auf die das MONAS Kollektiv mit musikalischen Improvisationen und gelesenen Texten antwortet. Umweltdaten aus der Landschaft sollen zusammen mit den Orten, an denen sie entstehen, künstlerisch projiziert werden, und über vorab produzierte Videos lernt das Publikum die ländliche Umgebung des Theaters kennen. Die leitende Idee des gLOKALE Festivals, das lokale Publikum vor Ort mit einem internationalen Publikum an vielen Orten zu verbinden, soll im Live-Streaming der Veranstaltung über die Digitale Bühne eingelöst werden. Das Publikum, das digital zugeschaltet ist, soll sich an der abschließenden Diskussion im Theater beteiligen können - ein künstlerischer Abend, der auch in seinen Improvisationen im Theater am Rand einen passenden Ort finden kann. „Da wir nie ein normales Haus, einen normalen Zustand hatten, haben wir immer improvisiert und uns gern auf die Situationen eingestellt, so wie sie sich angeboten haben.“

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