Das KlangForum Heidelberg
Ekkehard Windrich im Gespräch - Teil 2
Im Audioraum der Digitalen Bühne ist es möglich, die Positionen der Sänger:innen und Instrumentalist:innen beliebig anzuordnen. Dieses Feature, das in seinen Details noch weiterentwickelt werden soll, unterstützt die digitale Probe, kann aber auch in der Komposition eingesetzt werden. „In der elektroakustischen Musik ist es schon lange gang und gäbe, dass man die Klangquellen sich im virtuellen Raum auch bewegen lässt. Das wird schnell übertrieben, und klingt dann 30 Sekunden lang faszinierend, danach wird es langweilig. Diese technische Möglichkeit müsste also musikalisch sehr bewusst eingesetzt werden.“ In einer Partitur, in der es um musikalische Bezüge geht, ist es prinzipiell naheliegend, musikalische Bezüge in räumliche zu übersetzen und vielleicht auch zu konterkarieren. Es ist aber eine Aufgabe, die kompositorisch sehr anspruchsvoll ist. „Mit meiner Vergangenheit in der elektroakustischen Komposition würde es mich reizen, mit Gesangsstimmen im virtuellen Raum ähnlich zu verfahren wie mit rein synthetischen Signalen. Wenn sich jemand dieser Thematik kompositorisch ambitioniert annehmen würde, wäre ich sicher gern bereit, die Uraufführung zu dirigieren.“
Ähnlich ist die hybride oder digitale Probe eine Alternative zur physischen Probe in Präsenz, die nicht darauf ausgelegt ist, die Begegnung im analogen Raum zu ersetzen, sondern sie vielmehr sinnvoll ergänzt. Wenn man sich aber überlegt, welche ästhetischen Konsequenzen das Set-up der digitalen Probe für eine Komposition haben könnte, die ein gemeinsames Musizieren im digitalen Raum vorsieht, dann werden darin wieder prinzipielle Fragen berührt. „Seit mehreren Jahrzehnten gibt es Ansätze, in denen alle Beteiligten in verschiedenen Räumen sind, keinen Kontakt zueinander haben und trotzdem gemeinsam musizieren. Ein Beispiel ist das Helikopter-Streichquartett von Karlheinz Stockhausen. Die musikalische Kommunikation muss dann anders stattfinden als gewohnt, nicht in der Kombination aus Sehen, Hören, Sich-gegenseitig-spüren.“ Wenn zwei dieser drei Stränge, das Visuelle und der Instinkt, gekappt werden, liegt darin ein Potential, weil dann auf das Hören mehr Aufmerksamkeit abfällt. Zugleich entsteht aber ein Problem, weil ein planvolles musikalisches Vorgehen andauernde visuelle Verständigung und die Antizipation dessen erfordert, was als nächstes folgt. Wenn ein Audio-Video-System wie die Digitale Bühne das Sehen in den digitalen Raum zurückbringt, wird dann auch der Instinkt ersetzt? Wir sind hier in einer frühen experimentellen Phase.