Jens Becker im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test

Einblick in das Digitale Bühne Netzwerk

Jens Becker (links) in Aktion / Foto: privat

Jens Becker im Gespräch

Jens Becker schreibt Drehbücher für Spiel- und Dokumentarfilme und arbeitet in beiden Kunstformen auch als Regisseur, mit einem Faible für Mischformen zwischen beiden: Dokudramen. Von 2004 bis 2019 war er als Professor an der Filmuniversität Babelsberg angestellt und hat mehrere Sachbücher zur Dramaturgie geschrieben. 2019 erschien sein Buch „DAS DREHBUCH-TOOL. Charaktere und Struktur gestalten mit dem Enneagramm“, ein eminenter Beitrag zur Charakterentwicklung im Drehbuch, der auch von Netflix angewendet wird, und zur Berlinale 2023 leicht überarbeitet in einem neuen Verlag, der Masterschool Edition, herauskommt. „Mein Profil besteht darin, dass ich versuche, vielseitig zu sein und eingeschlagene Pfade schnell wieder verlasse. Das bedeutet aber auch, dass ich seit vielen Jahren nichts mehr mache im Mainstream. Mein letztes Mainstream-Projekt, ein Tatort, ist 20 Jahre her - mich interessiert, mich künstlerisch zu entfalten, und das kann ich eher am Rand als mitten im Fokus.“ Ein Credo seiner Arbeit steht auf Jens Beckers Webseite: „Die Welt ist voller Geschichten, die erzählt werden wollen. Komische, tragische, absurde, aufregende, provokante, lustvolle, authentische und versponnene. Immer wieder dieselben Geschichten. Und doch immer wieder neu. Wenn ich erzähle, bin ich dicht bei anderen Menschen und dicht bei mir. Ich erfinde mir die Welt neu und erkenne mich darin selbst. Was kann schöner sein?!“

Jens Becker / Foto: privat

2022 hat Jens Becker eine Podcast-Serie über die 10 Gebote geschrieben und mit Gästen aufgenommen: DU SOLLST NICHT ..., 10 x 50 Minuten, die in der ARD Mediathek kostenfrei zu hören sind. Neben dem Filmemachen und der künstlerischen Arbeit im auditiven Medium gestaltet Jens Becker seit vielen Jahren Seminare zum Thema Medienkompetenz, die er aktuell zum Beispiel in Loitz anbietet, einer kleinen Stadt im Dreieck zwischen Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg, wo er 2021 seinen neuen Lebensmittelpunkt gefunden hat. „In Loitz habe ich den ‚Drehbuchcampus Nordost‘ gegründet, weil es in Mecklenburg-Vorpommern bis dato keine Weiterbildungsmöglichkeit zum Thema Drehbuch gab.“ Die Seminare auf dem Campus finden vier Tage in Präsenz statt, jeweils zwei am Anfang und zwei am Ende. Dazwischen liegen vier weitere Sitzungen online, damit die Teilnehmer*innen das Angebot berufsbegleitend wahrnehmen können. In Online-Treffen via Zoom ist wegen der Latenz des Konferenzsystems ein lebendiger Austausch in der Gruppe allerdings nicht möglich. „Es ist fantastisch, dass man mit der Digitalen Bühne ohne Zeitversetzung in ein lebendiges Gespräch kommt. Dann ist plötzlich die Natürlichkeit wieder da, als säße man real zusammen.“ Im Februar 2023 bietet Jens Becker eine Weiterbildung für Lehrer*innen zur Medienkompetenz an, die mit einem Treffen in Loitz startet und dann perspektivisch online mit der Digitalen Bühne weitergeführt werden könnte. „Wenn man im digitalen Raum ernsthaft über Wege sprechen möchte, wie Lehrer*innen mit dem Medienverhalten ihrer Schüler*innen umgehen können, dann braucht man den lebendigen Dialog, an dem sich alle in der Gruppe beteiligen können.“

Auch in weiteren Formaten plant Jens Becker, die Digitale Bühne einzusetzen, so zum Beispiel in einer Weiterbildung zum Dokumentarfilm, in der auch Produzent*innen aus anderen Bundesländern online zugeschaltet werden. Wenn die Gespräche in der Klangqualität der Digitalen Bühne aufgezeichnet werden, dann könnten sie auch für Podcasts weiterverwendet werden. „In meiner ehrenamtlichen Arbeit für den Loitzer Heimatverein e.V. zeige ich einmal im Monat Filme und spreche anschließend mit den Regisseur*innen. In der Regel können sie nicht nach Loitz kommen, sondern sind digital im Kino zugeschaltet, und auch hier kann der Dialog im gemeinsamen Audioraum der Digitalen Bühne viel attraktiver werden.“

In allen diesen Formen unterstützt die Digitale Bühne die kulturelle Inklusion in einem Flächenland, in dem die Menschen oft weite Wege haben, um an den Ort zu kommen, an dem ein interessantes Event stattfindet. Aber auch die gemeinsame künstlerische Arbeit auf Distanz wird durch das neue digitale Tool ermöglicht und unterstützt. In der Musik haben Beispiele aus anderen Bundesländern bereits gezeigt, dass Amateure ebenso wie Profis mit der Digitalen Bühne von verteilten Orten aus online sehr gut proben können. Und in den darstellenden Künsten hat das teatreBLAU - ein Netzwerk und Ensemble, das über verschiedene Orte und Länder verteilt ist - vorgeführt, wie man von den ersten Schritten der Entwicklung eines neuen Stücks bis zu einem fortgeschrittenen Stadium der Proben im digitalen Medium zusammen arbeiten kann. „In Mecklenburg-Vorpommern leben recht viele Künstler*innen, aber sie sind verstreut. Man muss sich eben begegnen, und mit einem Werkzeug wie der Digitalen Bühne steigen dann die Chancen, künstlerisch miteinander zu arbeiten auf Distanz.“

Diese Chancen können auch für das Podcast-Format neue Wege öffnen. Im Podcast muss man normalerweise in Person zusammensitzen, damit man eine gute Audioqualität bekommt. „Für die erste Folge meiner DU SOLLST NICHT-Reihe habe ich beispielsweise Margot Käßmann auf Usedom getroffen, Salomé Balthus in Berlin, Lydia Benecke in Köln und in Hamburg habe ich die Studioaufnahmen eingesprochen. Das bedeutet Reisekosten!“ Wenn man die Gesprächspartner*innen aber im digitalen Raum treffen kann und dabei eine Audioqualität hat, in der sich das Gespräch natürlich anhört, als hätte es face to face stattgefunden, dann wird künstlerisch sehr viel mehr möglich. „Dann kann man auch Personen, die sehr weit entfernt sind, in den Podcast holen, man kann Talkshow-Konzepte mit der Digitalen Bühne künstlerisch umsetzen, und man kann sogar über das Format des Hörspiels neu nachdenken. Es sind faszinierende Möglichkeiten, die mit dem neuen Medium auf einmal am Horizont erscheinen.“

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