Jim Daus Hjernøe im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test: Die Royal Academy of Music (RAMA) Dänemark.

Die Digitale Bühne im Test

Jim Daus Hjernøe / Foto: privat

Die Royal Academy of Music (RAMA) Dänemark

Jim Daus Hjernøe im Gespräch

Jim Daus Hjernøe ist Professor für Jazz/Pop-Chorleitung an der Royal Academy of Music in Dänemark und leitet dort das RAMA Vocal Center, das international als das führende Innovationszentrum auf diesem Gebiet anerkannt ist. Als Jim in den 1990ern anfing, Jazz/Pop-Chorleitung zu lehren, entwickelte er ein Lehr- und Lernsystem, das "The Intelligent Choir (TIC)" heißt und allen Chormitgliedern erlaubt, ihr musikalisches Potenzial freizusetzen. „Jeder Sänger, jede Sängerin soll Änderungen der Harmonie bemerken und in der Lage sein, eine Melodie sofort zu harmonisieren“, so das erste Ziel. Mittlerweile umfasst die TIC-Methode drei pädagogische Bereiche, die ineinandergreifen: Die Entwicklung der musikalischen Fähigkeiten - Rhythm & Groove, Intonation & Tonhöhe, Klang & Mischung, Interpretation & Ausdruck, Aufführung & Konzertgestaltung - ist verschränkt mit dem Einsatz von Vocal Painting, einer Zeichensprache, in der eine Co-Kreation zwischen Dirigent:in und Sänger:in die orientierende Kraft der Zeichen freisetzt. Das dritte Element ist die Aktivierung von "Kucheza" - ein Suaheli-Wort, das frei übersetzt "Ich bin Musik" bedeutet - einer Haltung, in der sich alle Beteiligten für die musikalische Co-Kreation verantwortlich fühlen.

Im Unterrichten der TIC-Methoden hat Jim seit 2010, als zwei dänische Musikakademien zu RAMA fusionierten, digitale Werkzeuge für das Online-Lernen eingesetzt. „Ich habe ein natürliches Interesse an digitalen Werkzeugen, habe aber keinen Master-Abschluss in IT-Infrastruktur. Für mich ist es Learning by Doing, was für Kunsthochschulen wie die Royal Academy of Music typisch ist. Wir sind Forscher und experimentieren, während wir das Feld erkunden und entwickeln.“ Um 2021 herum erhielt das RAMA Vocal Center die Erlaubnis, ausgewählte Aufnahmeverfahren und Prüfungen online abzuhalten. „Als einer unserer Studierenden für eine Stunde Aufnahmeprüfung aus Brasilien angereist war, wurde mir klar, dass wir das Verfahren verbessern konnten, denn es gab darin nichts, was wir nicht auch online hätten machen können. Als dann die Corona Pandemie kam, konnten wir wie gewohnt weitermachen, weil alle unsere digitalen Systeme einsatzbereit waren.“

House of Music Aalborg / Foto: RAMA

Jim vertiefte seine Erfahrungen durch den Einsatz digitaler Werkzeuge in seinem Unterricht und erforschte Möglichkeiten, talentierte Student:innen aus dem Ausland in das Studienprogramm zu integrieren. Für das RAMA Vocal Center entwickelte er eine Lehr- und Lernstrategie, die er HyFlex Curriculum Design nennt - sie kombiniert die face-to-face Interaktion mit synchronen und asynchronen Online-Elementen. Jim erkennt nun die Digitale Bühne als ein neues Tool an, das in HyFlex integriert werden kann. „Wir wollen uns sechs bis acht Wochen im Jahr face-to-face treffen, und dann haben wir synchrone Online-Aktivitäten, bei denen wir lernen und proben, ähnlich wie in traditionellen Kursen, mit Teilnahme, Vorträgen und Diskussionsphasen. Und mit asynchronen Online-Elementen, z.B. Videos, bei denen ich eine Demo zeige, die jeder nachmachen und sich aneignen soll, bis wir uns das nächste Mal treffen, hat sich die Lernkurve deutlich verbessert.“ Die Studierenden können auch antworten, indem sie eine Stimmaufnahme hochladen, bei der sie sich selbst in Zusammenarbeit mit anderen Studierenden mit der App Acappella aufgezeichnet haben.

„Wenn wir uns vorstellen, dass eine typische face-to-face-Chorprobe jeden Mittwochabend stattfindet, dann gibt es für Interessierte außerdem die Möglichkeit, sich am Freitagnachmittag über die Digitale Bühne zu treffen, um andere Lieder zu singen, ein neues Repertoire durchzugehen oder Gehörbildung und Musiktheorie zu üben.“ Jims Chorprobenraum im RAMA Vocal Center ist mit modernen Mikrofonen an der Decke ausgestattet, und verfügt über Online-Zugang auf einem großen Bildschirm, drei PTZ-Kameras an verschiedenen Positionen und die Möglichkeit, alle Sitzungen aufzuzeichnen. Auf diese Weise können Sänger:innen, die aus irgendeinem Grund nicht persönlich teilnehmen können, online dabei sein oder sich anschließend das Video in professioneller Qualität ansehen.

Die HyFlex-Elemente haben sich in den letzten zehn Jahren bewährt. Das System beginnt sich jetzt zu verbreiten, an anderen Orten eingesetzt zu werden, ebenso wie die TIC-Methoden - die Universität in Jerusalem zum Beispiel bietet jetzt einen wöchentlichen Kurs in Vocal Painting an. „Eine Alumna von RAMA leitet die Kurse, und ich komme häufig dazu, um eine Masterclass zu geben und diese Kurse weiterzuentwickeln und zu evaluieren. So entsteht eine Zusammenarbeit zwischen unserer Akademie und ihrer Universität.“

Jede Kooperation bereichert die Erfahrung mit HyFlex, und ein weiterer Erfahrungsaustausch war die Konferenz "Experimentarium #3 - the Future is in our Roots", die Jim am 29. und 30. September dieses Jahres gemeinsam mit Kolleg:innenen in Turku (Finnland), Tallinn (Estland) und dem RAMA Vocal Center in Aalborg organisierte. Die Konferenz, auf der Fee Altmann und Christof Ruch das Digital Stage System vorstellten, war die Abschlussveranstaltung einer zweijährigen Aktivität, die sich um digitale Lösungen in der Musik drehte. Das Hauptaugenmerk lag auf dem Experimentieren mit Masterclasses, bei denen Lehrende und Teilnehmer:innen nicht ständig persönlich anreisen müssen. Ein weiteres wichtiges Thema waren die zukünftigen Möglichkeiten der Audio- und Videogestaltung.

„Es eröffnen sich viele neue Möglichkeiten, und wir sollten keine Angst vor ihnen haben.“ Ein Ausblick auf zukünftige Optionen wäre eine virtuelle Realität mit Multikameras und Audioequipment mit niedriger Latenz, über die man in einem Chor singen, zur Seite schauen und die Kolleg:innen auch sehen kann. „Ich habe eine App für Vocal Painting zur Verfügung gestellt, in der ich auf Video zeige, wie die Zeichen funktionieren. Die nächste Stufe könnte eine virtuelle Realität sein, in der eine Reaktion darauf zurückkommt. Für mich würde ein Traum in Erfüllung gehen, wenn ich mehr davon in die Zukunft des Unterrichts mit den TIC-Methoden integrieren könnte.“

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