Lukas Thiele im Gespräch - Teil 1

von DigitaleBuehne_Admin

Interaktion im hybriden Raum: Das teatreBLAU

Interaktion im hybriden Raum: Das teatreBLAU

FAB Dimensional 2022 / Foto: Lea Brugnoli

Lukas Thiele im Gespräch

Lukas Thiele hat an der Kunsthochschule Kassel Visuelle Kommunikation studiert und dabei die Freiheit genutzt, von Klasse zu Klasse und Werkstatt zu Werkstatt zu springen, so wie es seine Interessen und Projekte erforderten. „Ich habe mich von Anfang an für die verschiedensten Medien interessiert, und schon in meinem Studium interdisziplinär gearbeitet.” In einem seiner Arbeitsfelder produziert Lukas jetzt Animationsfilme, in einem anderen ist er seit drei Jahren Produktionsleiter des Festival of Animation Berlin (FAB) und Leiter der Ausstellungsreihe FAB Dimensional, die Expanded Animation im Raum erfahrbar macht. Mit teatreBLAU arbeitet Lukas seit zwei Jahren zusammen, zuerst in der Herstellung von Filmen, die im Hintergrund des Theaterstücks oder auch eigenständig auf der Bühne liefen. Im letzten Herbst hat er die technische Leitung für die hybriden Aufführungen der Oper Ba Ta Clan in Seelow und Angermünde übernommen. „Ich habe die technischen Anforderungen definiert, das Setup entwickelt, Bedarfslisten geschrieben und am Ende das Streaming der Aufführungen auch über die Bühne gebracht. Das war eine spannende Aufgabe - ich glaube, dass die Möglichkeit, mit wenig technischem Aufwand, vor allem mit wenig finanziellem Einsatz, sehr viele Menschen zu erreichen über Streaming oder einen Video-Podcast, etwas ist, das uns vorwärts bringt in verschiedenen Aspekten.”

Lukas Thiele / Foto: Monira Kamal

Auf der Audioebene wurde bei den Ba Ta Clan Proben schnell klar, dass Ansteckmikrofone schwierig handzuhaben sind, wenn die Schauspieler*innen die Kostüme wechseln, und dass Headsets mit Mikrofonen im Gesicht ästhetisch zu präsent sind. Am Ende hatte Lukas mit dem Tontechniker vier Mikrofone mit Richtcharakteristik an verschiedenen Stellen vor der Bühne angeordnet. „So konnten wir den akustischen Raumeindruck abbilden, den das Publikum vor Ort erfährt, und mit einer Live-Mischung reagieren, wenn jemand auf der Bühne nach rechts oder nach links ging, wir haben dann einfach das jeweilige Mikro abgegriffen.” Ein Tontechniker an einem 16-Kanal-Mixer hat die verschiedenen Audiosignale in ein abgemischtes Stereosignal mit Studioqualität verwandelt, das über die PC-Version der Digitalen Bühne das Publikum im digitalen Raum erreichte. Die Qualität, in der man Ba Ta Clan zu Hause hören konnte, war natürlich auch abhängig davon, welche Endgeräte jeweils zur Verfügung standen - tiefe Frequenzen des Orchesters kann ein Laptop-Lautsprecher zum Beispiel nicht mehr wiedergeben, aber über eine Stereoanlage kann man sie gut hören.

Auf der Bühne zeigte Ba Ta Clan eine virtuelle Szenographie, ein digitales Bühnenbild, dessen Elemente auf Flächen im Hintergrund und auch auf Objekte und die Schauspieler*innen auf der Bühne projiziert wurden. „Wir haben die Aufführung in verschiedenen Perspektiven filmisch begleitet: eine Backup-Kamera ohne Operator stand fix auf dem Stativ und hat das Bühnenbild komplett abgebildet, an der anderen Kamera war Santiago Stankovic und hat Halbnah- und Nahaufnahmen gemacht, wir haben dann zwischen beiden Kameras gewechselt.” Das Publikum im digitalen Raum hat die Oper dadurch anders sehen können als das Publikum vor Ort. Lukas hatte für die Bildregie einen Video Mixer mit acht Kanälen zur Verfügung, in den drei Eingänge eingespielt wurden: die beiden Kameras und ein HDMI-Signal vom Laptop, der für das Intro und das Outro zusätzliches Bildmaterial bereitgestellt hat. „Wir haben einen kleinen Vorfilm abgespielt, um dem Publikum, das zugeschaltet war, zu zeigen, wo die Aufführung stattfindet - ich hatte zum Beispiel Drohnenaufnahmen gemacht, um darzustellen, wie der Spielort aussieht.”

Die Ba Ta Clan Szenografie führt Tendenzen zur Auflösung des traditionellen Bühnenraums durch den Einsatz digitaler Medien weiter, die im Theater schon seit einigen Jahren zu beobachten sind, und die Aufzeichnung der Oper bewegte sich auf einem aktuellen Stand der Technik. „Man muss einen Mitschnitt heute nicht mehr frontal und eher langweilig aus der letzten Reihe heraus machen, sondern kann eben auch mit zusätzlichen Qualitäten wie Perspektiven oder Nahaufnahmen arbeiten.” Was die Ba Ta Clan Aufführung von klassischen Übertragungen und Livestreams unterschieden hat, war ihre Öffnung auf ein interaktives Element. „Als die Oper vorbei war, haben wir schnell umgebaut, so dass das gesamte Publikum, ganz gleich ob es vor Ort war oder digital zugeschaltet, die Möglichkeit hatte, mit vier Mitgliedern des Ensembles, die auf Stühlen auf der Bühne saßen, in einen Dialog zu treten. Wir haben nicht nur gesendet, sondern auch empfangen.”

Teil 2 des Gesprächs erscheint im Newsletter Februar 2023.

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