Markus Steffen im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test: Die Filmmusiktage Sachsen-Anhalt und das Festival KlangART Vision

Die Digitale Bühne im Test

(Foto: Jessen Mordhorst)

Die Filmmusiktage Sachsen-Anhalt und das Festival KlangART Vision. Markus Steffen im Gespräch

Markus Steffen kennt die Musikbranche aus einer langen Erfahrung, 1989 startete er in den Beruf bei eastwest records Hamburg, wechselte nach zwei Jahren zu Sony Classical International und war von 1995 bis 2001 Marketingdirektor für Klassik und Jazz bei Warner Music Germany. Die Musikindustrie erlebte in dieser Zeit eine erste Welle der Digitalisierung, in der sie vor allem im populären Bereich Umsätze verlor durch die Tauschbörsen und viele Koordinaten neu definieren musste. „Es sind neue Geschäftsmodelle entstanden, die heute funktionieren, aber damals erst einmal erfunden und etabliert werden mussten.“ Als AOL Warner übernahm, machte sich Markus Steffen selbstständig und arbeitete unter anderem als Berater für die Filmmusikproduktion des Kinofilms „Luther“. Aus der Zusammenarbeit mit dem Produzenten, Alexander Thies, entstanden später die Filmmusiktage Sachsen-Anhalt in Halle, die 2024 in ihre 17. Auflage gehen.

„Als wir 2008 angefangen haben, gingen die Filmmusiktage von Freitagmittag bis Samstagnachmittag und der Abschluss, das Galakonzert, fand als Matinee am Sonntag statt.“ Mit der Zeit ist das Programm gewachsen, jetzt bieten die Filmmusiktage eine Woche lang Veranstaltungen zu allen Aspekten der Filmmusik: Werkstattgespräche geben Einblick in künstlerische Arbeitsprozesse, Workshops vermitteln Hands-on-Arbeitserfahrungen auch mit neuen Technologien, Vorträge zeigen Wege der Rezeption aus der Film- und Musikwissenschaft, und Podiumsgespräche mit Vertreter:innen der Branche beleuchten die wirtschaftliche Dimension. „Wir möchten etwas beitragen zu der Frage, wie man in der heutigen Welt als Filmmusikkomponist:in seine Wege finden und dabei sein Geld verdienen kann, in einer Zeit, in der die Situation der Künste schwieriger geworden ist.“ Umso wichtiger ist es, den Beitrag der künstlerischen Arbeit in den aktuellen Veränderungen der Gesellschaft nicht nur sichtbar, sondern auch erfahrbar zu machen. 

Die Filmmusiktage tragen mit ihrer internationalen Vernetzung zum Profil des Musiklands Sachsen-Anhalt bei, aber auch das Festival KlangART Vision, das Markus Steffen ebenfalls als künstlerischer Leiter mit seinem Team gestaltet, bringt die musikalische Vielfalt des Bundeslandes in einen Dialog und Austausch. Das Festival baut Brücken, über die das Publikum leichter Zugang zu zeitgenössischen Kompositionen findet, und es ermöglicht die Begegnung zwischen Kunstschaffenden und dem interessierten Publikum. „Wir haben KlangART Vision 2020 gestartet, mitten in der Coronazeit, im digitalen Format. Seit 2022 findet das Festival live und hybrid statt, 2023 hatten wir unter dem Motto ‚Neugier‘ 18 Veranstaltungen in Halle, Magdeburg und Dessau, aber auch in kleineren Städten wie Merseburg, Aschersleben und Quedlinburg.“ Im Projekt „Ghost Music“ z.B. arbeiteten junge Student:innen aus den USA mit deutschen Komponist:innen zusammen, deren Werke sie in Naumburg auf der Hildebrand-Orgel spielten, die auch Bach zu seiner Zeit gehört hatte. In Kooperation mit Johannes Motschmann, einem Komponisten aus Berlin, wurde in Halle ein Projekt über Klaus Nomi aufgeführt, den Randgänger der Musik, der parallel auch in der Berliner Staatsoper Unter den Linden zu seinem 50. Todestag mit einem Stück geehrt wurde. „Wir freuen uns, dass die audiovisuellen Aufzeichnungen von KlangART Vision mittlerweile mehr als 200,000 Zuschauer:innen erreichen. Für 2024 planen wir unter dem Motto ‚Die unbeantworteten Fragen‘, das Spannungsfeld zwischen den modernen Kompositionen von Arnold Schönberg und Charles Ives auszuloten.“

Markus Steffen (Foto: Joachim Blobel)

Ebenso wie die Programmkinos stehen aber auch die Klubs und andere kleinere Veranstaltungsorte für Musik unter Druck: Die Energiekosten sind gestiegen, die Mieten wurden teurer, und technisches Personal wie etwa die Tontechniker:innen ist während der Coronazeit in andere Branchen abgewandert. Zugleich führen das erweiterte Angebot der Pay TV Dienste, die neuen Streamingserien und die digitale Übertragung von Live-Konzerten dazu, dass die Menschen weniger aus dem Haus gehen, um mit anderen zusammen einen Film, ein Konzert oder eine Aufführung zu erleben. „Wir müssen die Menschen eben dafür begeistern, wir müssen unsere Hörer:innen und Zuschauer:innen mit einem spannendem Programm interessieren, das sie anderswo nicht finden. Und wir brauchen neben den bekannten Wegen auch neue Modelle, wie Kunst- und Kulturschaffende Geld verdienen können.“ 

Für die Erfahrung einer lebendigen Kultur, die Menschen zusammenbringt, ist nicht nur die Rezeption auf einer breiten Basis wichtig, sondern auch die Begegnung und die aktive Teilnahme am kulturellen Leben. „Wir müssen aufpassen, dass wir die Menschen nicht verlieren. Es gibt so viele Randgruppen, die wir noch nicht erreichen. In Halle gibt es im kulturellen Kern viele Angebote, aber es gibt auch die Randgebiete mit sozial schwächeren Strukturen, die mit zur Kultur gehören und die wir mitnehmen möchten. Und wir müssen auch die ländlichen Gebiete einbeziehen, die ohne eine lebendige Kultur austrocknen und zur Wüste werden.“

Auf allen diesen Achsen des Austauschs, der Zusammenarbeit und der Inklusion hat die Digitale Bühne bereits gezeigt, dass die gemeinsame kulturelle Arbeit im digitalen Raum eine Bereicherung ist, wenn sie nicht als Ersatz, sondern als sinnvolle Ergänzung der analogen Face to Face Situation verstanden wird. So können sich z.B. junge Menschen, die ein Instrument gelernt haben und mit anderen zusammen spielen möchten, über das Internet kennenlernen, auf der digitalen Bühne einige Sessions von verteilten Orten aus spielen, um sich dann, wenn die Wellenlänge stimmt, zu Proben Face to Face zu treffen. Wir freuen uns, über konkrete Ideen für eine Präsentation auf den Filmmusiktagen 2024 hinaus in weiteren Workshop-Gesprächen herauszufinden, wo eine weitergehende Zusammenarbeit auch mit dem Festival KlangART Vision möglich ist.

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