John Tucker, Stimmcoach, im Gespräch

von DigitaleBuehne_Admin

Die Digitale Bühne im Test

Die Digitale Bühne im Test

John Tucker

John Tucker, Stimmcoach, im Gespräch

John Tucker ist ein renommierter Stimmcoach in London, der in den Bereichen Theater, Film, Fernsehen und Radio arbeitet. Er absolvierte eine Ausbildung als klassischer Sänger an der Guildhall School of Music and Drama und trat 15 Jahre lang an Opernhäusern weltweit auf. Dann entschied John sich für eine zweite Ausbildung im Bereich Sprechen und Stimme, im MA Voice Studies an der Royal Central School of Speech and Drama. „Ich habe immer gern mit Schauspielern gearbeitet. Ich interessiere mich für das Wort, für die Erforschung der Worte, und eben das motiviert einen Schauspieler und eine Schauspielerin.“ John arbeitet seit 2010 als Stimmcoach an der Royal Academy of Dramatic Art und seit 2008 an der British American Drama Academy. Die Schauspieler:innen in diesen Institutionen arbeiten mit ihm, um ihre Sprech- und Stimmtechnik so zu entwickeln, dass sie in ihren Auftritten authentisch Text in einen Raum sprechen können. John schult sie in der Auseinandersetzung mit ihrem Körper, ihrem Atem, ihrer Stimme und ihrer Artikulation, damit sie ihre Sprech- und Stimmtechnik im Umgang mit Texten entwickeln können. „In Großbritannien werden in den meisten Theatern keine Mikrofone verwendet, was bedeutet, dass die Schauspieler:innen den Theaterraum akustisch ausfüllen müssen. Ihre Stimmen müssen den Raum ohne Anstrengung füllen können und die hinteren Reihen des Zuschauerraums ohne Stress oder Anspannung erreichen.“ In einem weiteren Aspekt des Schauspielunterrichts geht John auf die Frage ein, wie man „authentisch auf die Anforderungen des Textes reagiert“, wie man die Stimme mit verschiedenen Textarten und Textstilen verbindet. Wie man spricht, wenn man einen klassischen Text vorträgt, der anders ist als zeitgenössische Texte. Darüber hinaus lernen die jungen Schauspieler:innen, wie sie mit ihrer Stimme umgehen müssen, wenn sie für den Film, das Fernsehen und das Radio arbeiten.

John hat auch ein privates Studio, in dem er mit professionellen Schauspieler:innen aller Altersgruppen arbeitet. „Manchmal schickt mir ein Agent einen jungen Schauspieler oder eine junge Schauspielerin, die bereits professionell im Fernsehen gearbeitet haben. Im Fernsehen ist wegen der Mikrofonsituation nur sehr wenig Stimmarbeit nötig. Die jungen Schauspieler:innen möchten mit mir dann ihre stimmlichen Fähigkeiten so entwickeln, dass sie einen Raum akustisch ausfüllen können, um später z. B. im Theater zu spielen.“ Manchmal kommen auch ältere Schauspieler:innen in Johns Studio, weil sie ein externes Ohr brauchen, um sicher zu sein, dass alles nach wie vor funktioniert, oder um ihre Fähigkeiten für bestimmte Situationen weiterzuentwickeln. „Ich habe mit einem älteren Schauspieler gearbeitet, der sich auf die West-End-Produktion eines Shakespeare-Stücks vorbereitet hat. Im ersten Akt spielte eine Band live auf der Bühne, und der Schauspieler musste in der Lage sein, seine Stimme über den Lärmpegel der Live-Band zu heben. Ich habe sein Stimmtraining gezielt darauf ausgerichtet, den höheren Stimmbereich zu entwickeln, in dem es mehr Obertöne gibt, die seine Stimme dann ganz natürlich über den Sound der Band tragen.“ John coacht auch internationale Journalist:innen, Fernsehmoderator:innen und renommierte Akteur:innen aus der Unterhaltungsbranche und dem öffentlichen Leben. Wer mehr als drei bis vier Stunden am Tag öffentlich spricht, ist ein Professional und muss sich irgendwann auch mit der Verbesserung der Stimmtechnik befassen.

John Tucker beim Unterricht

Die wirkungsvolle Kraft der Stimme in einem Konzertsaal oder einem Theater live zu erleben, ist eine ganz besondere Erfahrung, die eine digitale Plattform nicht wiedergeben kann. „Der Klang hat eine architektonische Eigenschaft. Er prallt in einem Raum von meinem Körper ab und hallt durch meinen Körper wider. Unsere Knochen reagieren direkt auf die Harmonien, die im Aufführungsraum lebendig mitschwingen.“ Erfahrene Sänger und Schauspieler wissen, wie sie mit dem Raum, in dem sie auftreten, arbeiten müssen. Jeder einzelne Raum hat seine eigenen akustischen Eigenschaften. Wenn ein Chor in einer Kirche singt, ist die Resonanz dort ganz anders als in einem Theater oder einem Konzertsaal. Wenn Schauspieler:innen an einem Repertoire arbeiten, lernen sie auch die Akustik des Ortes kennen, an dem sie spielen, und das hilft ihnen, ihre Technik auf den Punkt zu bringen. „Als ich eine Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium in der Thomaskirche in Leipzig gehört habe, in der Kirche, für die Bach das Stück geschrieben hat, fiel mir auf, dass der Chor ganz besondere Effekte hervorrufen kann, indem er die unterschiedliche Akustik in den verschiedenen Teilen der Kirche ausnutzt. Spezifische Effekte dieser Art kann ich nicht hören, wenn ich dasselbe Stück in einem anderen Gebäude oder in einer CD Aufnahme höre. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass man beim Abspielen von CDs auf einer professionellen HiFi-Anlage mit leistungsstarken Lautsprechern ein gigantisches Klangspektrum hören kann, so dass wir den Eindruck haben, der Sänger oder die Sängerin würden vor uns stehen, weil wir die Wiedergabe des Klangs als naturgetreu empfinden.“ Leider spielen die Menschen aber ihre Musik in der Regel auf Geräten ab, die nur ein MP3-Niveau in der Klangwiedergabe bieten. Und meistens nutzen sie dabei kleine Ohrhörer. „Das Klangspektrum, das man erlebt, wenn man Musik im MP3-Format abspielt, ist für mein Verständnis sehr eingeschränkt. Im Vergleich dazu erlebt man in der Wiedergabe von Musik in CD-Qualität über eine professionelle HiFi-Anlage das weiteste Klangspektrum, das möglich ist. Der Klang ist dann wirklich naturgetreu.“

Für das individuelle Sprach- und Stimmcoaching bieten die digitalen Standardplattformen bereits ein funktionsfähiges Set-up. „Ich unterrichte viel online und habe kein Problem damit. Für die Stimme funktioniert das sogar ziemlich gut, weil ich eine enge Verbindung mit meinem Klienten oder meiner Klientin habe. Ich habe sie buchstäblich vor mir. Ich kann unmittelbar sehen, wie sie ihren Gesichtsausdruck und ihre Kieferbewegungen einsetzen. Ich kann spüren, wie ihr Körper und ihr Atem arbeiten. Das Online-Stimmcoaching ist für mich sehr effektiv ist, da ich ihr Sprechen und ihre Stimme direkt im Ohr habe.“ Auf der anderen Seite müssen die Schauspieler:innen eine sinnliche Aufmerksamkeit entwickeln, damit sie lernen, wie sie ihr Sprechen und die Wirkung ihrer Stimme in einen Raum hinein gestalten können. Einige Kund:innen arbeiten mit John nur online, sie sind in New York, Doha, Wien oder Bordeaux zu weit entfernt, um Face-to-Face zu lernen. Das Online-Coaching ist auch hilfreich, wenn Klienten vorübergehend im Ausland arbeiten. „Wenn ein Kunde oder eine Kundin in London wohnt, würden sie immer lieber in Person mit mir arbeiten. Das ist tatsächlich die bessere Lernsituation. Wenn ich mit einem Kunden oder einer Kundin online arbeite, dann möchte ich sie gern einmal vorher persönlich getroffen haben, bevor wir uns in der digitalen Welt verbinden.“

Es gibt allerdings ein Problem, das den Erfolg von Johns Sprach- und Stimmcoaching auf den digitalen Standardplattformen einschränkt. „Ich bin nicht zufrieden mit der Qualität der Klangwiedergabequalität, wenn ich einen Ton länger halte, z. B. wenn ich den Vokal /AH/ 15-20 Sekunden lang anstimme. Auf halbem Weg bricht die Stimme ab, ich kann das Satzende nicht mehr hören. Wenn Schauspieler:innen ihre Technik entwickeln, dann müssen sie üben, einen Ton zu halten, um zu lernen, wie sie mit dem Atem und der Stimme umgehen beim Sprechen. Wenn sie auf diese Art rezitieren - wenn der Ton ein reiner Klang ist -, bricht das Playback, das ich höre, immer ab. Das ist wirklich frustrierend.“ An der Grenze zwischen Sprache und Ton bzw. Musik fallen die herkömmlichen Systeme aus, weil sie für die gemeinsame künstlerische Arbeit mit Sound und für das gemeinsame Musizieren online nicht ausgelegt sind. Für eben diese Zwecke wurde die Digitale Bühne entwickelt, die gemeinsames künstlerisches Arbeiten online in hervorragender Audioqualität möglich macht. John hat das System bereits eingesetzt, als er am dritten Tag des gLOKALE-Festivals Texte von Roua Horanieh live für ein Publikum vor Ort und Online gelesen hat. „Jetzt würde ich die Digitale Bühne gerne in meinem Unterricht ausprobieren, um zu sehen, ob sie eine benutzerfreundlichere Plattform ist.“ Wir werden von Johns Expertise sicher lernen.

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