Einblicke in das Digitale-Bühne-Netzwerk

Der Bayerische Musikrat. Jürgen Schwarz im Gespräch – Teil 1

„Es macht mir Freude, als ein Ermöglicher zu arbeiten, der nicht wartet, dass etwas konkret angefordert wird, sondern selbst voraus mitdenkt und mitentwickelt“, sagt Jürgen Schwarz, Geschäftsführer des Bayerischen Musikrats.

Der Bayerische Musikrat vertritt die Interessen aller Musizierenden im Bundesland, der Professionellen ebenso wie der Laien, in der Öffentlichkeit und gegenüber den politischen Instanzen. Die Mitglieder des Musikrats sind Ensembles und Verbände, darunter 25 Laienmusikverbände, in denen weit über 300.000 aktive Sänger* und Musiker*innen organisiert sind. So gehören zum Beispiel dem Chorverband Bayerisch-Schwaben, den Jürgen Schwarz als geschäftsführender Präsident im Ehrenamt leitet, etwa 650 Chöre an. „Der Musikrat führt Förderprogramme des Landes Bayern durch, von der Ausschreibung bis zur Abrechnung der verteilten Fördermittel, und nimmt selbst auch direkte Aufgaben wahr. Über die Bayerische Musikakademie Marktoberdorf, ein Aus- und Fortbildungszentrum, bieten wir Musikunterricht und musikalische Fortbildungsformate auf verschiedensten Ebenen an und organisieren Wettbewerbe und Projekte.“

Als im ersten Lockdown 2020 die Musiker*innen nicht mehr gemeinsam proben und auftreten konnten, und auch der Musikunterricht eingestellt werden musste, wandte sich der Musikrat an den Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft und Kunst und an die Bayerische Staatsregierung mit der Bitte, dass auch für die musikalischen Interessensgruppen gangbare Wege in der Pandemie entwickelt werden. Die Suche nach Werkzeugen, mit denen man von verteilten Orten aus im digitalen Raum gemeinsam musizieren kann, hatte begonnen. „Im Landesmusikrat nimmt der Bereich der Laienmusik einen großen Raum ein, und da die Digitale Bühne eine Lösung anbot, die keine hohen Kosten und keinen zu hohen technischen Aufwand mit sich bringt, war und ist sie für uns ein attraktives Werkzeug, um auch für die Amateurmusik die Möglichkeit zu öffnen, auf Distanz miteinander zu musizieren.“

Im Vordergrund stand bis 2021 die digital-stage-ov-box, die mit ihrer minimalen Latenz für kleine Gruppen ideal geeignet war. Man musste die Box zusammenbauen, sich aus dem Netz ein Programm herunterladen und installieren, und man brauchte ein Audio Interface, ein Mikrofon und einen Kopfhörer. „Mit Teilnehmer*innen aus Bonn, Berlin, Hamburg und Marktoberdorf haben wir das Setup mehrere Wochen getestet und am Ende die Gewissheit gewonnen, dass wir es unseren Ensembles und Verbänden als Probenbühne anbieten können.“ Der Bayerische Musikrat wurde mit seiner Musikakademie Entwicklungspartner der Digitalen Bühne, da die Unterstützung des digitalen Musizierens gut in das Angebotsportfolio der Bayerischen Musikakademie passt, die Aus- und Fortbildungszentrum für alle Arten von Musik ist. Der Musikrat ist im Rahmen seiner Ressourcen gerne dabei, auch neue technische Wege zu testen und gangbar zu machen.

Im Sommer 2021 hatte die Digitale Bühne die Administration der Ov-Boxen standardisiert, und im Herbst 2021 wollte der Bayerische Musikrat seinen Mitgliedsverbänden die Ov-Box auf breiter Basis anbieten – aber in der plötzlich aufgekommenen Chipkrise waren die Raspberry Pi Minicomputer, die für die Ov-Boxen gebraucht werden, kaum noch lieferbar. „Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat die Aktivitäten unterstützt und 40 Testbühnen gefördert. Wir konnten nach intensiver Suche 70 Ov-Boxen in England besorgen, aber wir konnten nicht einmal annähernd die Stückzahl beschaffen, die für eine breit angelegte Initiative unter unseren Mitgliedern erforderlich gewesen wäre.“ Der Bayerische Musikrat behielt einige Ov-Boxen für interne Testszenarios zurück und gab den Rest an vier Chöre und andere Gruppen weiter, die immer noch sehr gern mit dem neuen Werkzeug arbeiten.

Als schnelle Reaktion auf die Chipkrise forcierte die Digitale Bühne mit ihrem Entwicklungsleiter Christof Ruch im Herbst 2021 die Entwicklung der Digital Stage PC-Version, die zwar eine etwas höhere Latenz aufweist, aber dafür keine Ov-Box benötigt, zur Marktreife. Schon im November 2021 gab es eine erste Testversion, und im April 2022 folgte der Launch der ersten Produktversion. Während dieser Zeit wurde auch die Nutzerfreundlichkeit der PC-Version vereinfacht und standardisiert. Um die Software herum entwickelt die Digitale Bühne mit Hilfe des Praktikerteams in der Bayerischen Musikakademie Marktoberdorf ein Baukastensystem, in dem Anleitungen und Videotutorials auch Standardszenarien für Interessierte darstellen. „Wenn ich eine Chorprobe habe mit zehn Teilnehmer*innen, und von einem zweiten und dritten Ort werden noch einzelne Teilnehmer*innen digital dazugeschaltet, welche technische Ausstattung brauche ich dann in meinem Probenraum, und wie gehe ich damit um? Die Szenarien werden so detailliert beschrieben, dass die Nutzer*innen selbst erkennen können, welchen Aufwand sie jeweils haben.“ 

Auf der Basis dieser Vorbereitung plant der Bayerische Musikrat, im frühen Herbst seinen Mitgliedern, den Ensembles und Verbänden, die Digitale Bühne vorzustellen, und der Chorverband Bayerisch-Schwaben hat bereits beschlossen, seinen Mitgliedern dann eine Anzahl von Digitalen Bühnen kostenfrei zur Verfügung stellen. So haben die Sänger*innen die Gelegenheit, mit dem neuen digitalen Werkzeug zu experimentieren und neue Horizonte zu erschließen.

Jazzy-Christmas-Times am 30.12.2021

Teil 2 des Gesprächs erscheint im Newsletter Juli 2022.

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