Einblick in das Digitale-Bühne-Netzwerk: Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

Kathrin Zimmer im Gespräch mit Stefan Winter – Teil 1

Kathrin Zimmer ist im StMWK Bayern Koordinatorin für Digitalisierung in Kunst & Kultur und Referentin für die Freie Kunst-Szene in Bayern, beide Stellen wurden 2020 eingerichtet.

 

Kathrin Zimmer. Im Bereich Digitalisierung in Kunst & Kultur geben wir inhaltliche Impulse und bauen Austauschplattformen auf. Mitten im COVID-Lockdown 2020 haben wir die Web-Seminarreihe „Digitale Kulturvermittlung“ ins Leben gerufen, die auf unserem YouTube Kanal dokumentiert ist und aktuell fortgesetzt wird. Unser Programm „kultur.digital.vermittlung“ für staatliche Kulturinstitutionen – Museen, Bibliotheken, Archive und Theater – wurde 2021 zum ersten Mal ausgeschrieben und geht nach der finanziellen Unterstützung von neun Institutionen gerade in die zweite Ausschreibungsrunde.

Über die neue Referentenstelle steht das StMWK im Austausch mit der Freien Kunst-Szene – in mehreren Runden Tischen mit Vertreter:innen der Verbände haben wir erfahren, dass sich die Akteure einen stärkeren überregionalen Austausch, eine intensivere spartenübergreifende Vernetzung und akut (im Dezember 2020) vor allem digitale Probe- und Auftrittsmöglichkeiten wünschen. Wir haben uns daraufhin verschiedene digitale Lösungen angesehen und sind auf die Digital Bühne wie auch den XR Hub Bavaria zugegangen.

Stefan Winter. Spielte es für Ihre Entscheidung eine Rolle, dass die Digitale Bühne ein gemeinnütziges Projekt ist und selbst eine Vernetzung, ein Netzwerk für den künstlerischen Austausch aufbaut?

Kathrin Zimmer. Das ist ein großes Plus, weil wir dadurch mit der Digitalen Bühne anders zusammen arbeiten können als mit einem kommerziellen Anbieter, der einfach nur die technische Möglichkeit für einen digitalen Auftritt schafft. Die Digitale Bühne hat für die Freie Kunst-Szene den Vorteil, dass wir uns hier an einer Entwicklung beteiligen können, dass wir ausprobieren und mitwirken können, um den digitalen Raum und die Chancen zu erfahren, die er für Kunst und Kultur bietet. Wir können ja das, was wir analog kennen und schätzen, nicht 1:1 in den digitalen Raum übertragen – er bietet von sich her andere Möglichkeiten, Ausdrucksformen zu finden, zusammen zu arbeiten und mit dem Publikum zu interagieren. Für diese Erforschung ist die Digitale Bühne ein sehr guter Partner. Unsere Kooperation hat Mitte 2021 angefangen, wir haben 40 Bühnen einrichten lassen, auf denen Akteure unserer Freien Kunst-Szene testen und experimentieren können. Aktuell testen wir in kleiner Runde mit den Multiplikatoren, die neue Erkenntnisse dann an ihr Netzwerk weitergeben.

Stefan Winter. Wie sind die Tester:innen mit der digitalen Technologie zurechtgekommen? Das Arbeiten mit Headset, Mikrofon und Monitor fordert ja oft eine Umstellung von den Künstler:innen und kann auch eine digitale Schwelle sein.

Kathrin Zimmer. Wir haben Tester:innen eingeladen, die eine Nähe zu digitalen Technologien haben und ein ausgeprägtes Interesse, mit digitalen Räumen zu experimentieren. Wir haben von Anfang an  kommuniziert, dass wir mit einer Beta-Version arbeiten, mit der nicht alles schon perfekt funktioniert. Wir sind in einem Teststadium, in dem wir in einem kleinen, vertrauten Rahmen die Teilnehmer:innen onboarden, bis sie mit der Digitalen Bühne vertraut  sind, ihren Account angelegt haben, ausprobiert haben, wie die Technologie funktioniert, und dann anfangen können, mit ihr zu arbeiten und zu experimentieren. Der Bayerische Musikrat ist unser zentraler Partner bei diesem Onboarding-Prozess.

Stefan Winter. Wenn Sie das Digitale Bühne-Projekt im umfassenden Kontext der Digitalisierung von Kunst und Kultur sehen, welche Arbeitsfelder werden dann in einer Zukunft nach der Pandemie relevant bleiben?

Kathrin Zimmer. Digitale Bühnen sind sicher nicht auf die Zeit der Pandemie beschränkt, es wird viele Anwendungsfälle geben, die sich auch in einer Zeit nach der Pandemie weiter entwickeln werden. Gruppen und Ensembles können weiterhin digital proben, um Reisezeiten und Reisekosten einzusparen und die Co2-Emission zu minimieren. Erst für die Generalprobe und den Auftritt treffen sie sich  vor Ort. Wir werden dadurch für das, was wir analog veranstalten und erleben wollen, wieder mehr Zeit haben, weil wir an anderer Stelle durch digitale Instrumente etwas einsparen können. Bayern ist ein Flächenstaat mit einem großen ländlichen Raum, gerade da ist es ein Potenzial, wenn die Eltern nicht noch nachmittags ihre Kinder zum Musikunterricht fahren müssen, weil Unterricht auch digital möglich ist. Mütter und Väter in jungen Familien, die Musik unterrichten, können über digitale Möglichkeiten früher wieder in den Beruf einsteigen. Musiker:innen auf Tournee können im Unterricht mit der Digitalen Bühne zuhause noch Schüler:innen betreuen, vor allem aber bieten Digitale Bühnen als Ort die Grundlage für die Entwicklung neuer innovativer künstlerischer Projekte für ein digitales Publikum [...] Da sehe ich vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Das Digitale soll ja die analoge Live-Erfahrung nicht ersetzen, sondern analog und digital können sich ergänzen: in der Verbindung liegt sehr viel Potenzial. Das müssen wir noch stärker nutzen und kommunizieren.

           „Das digitale Publikum“ © Michael Schrenk 2020

 

Teil 2 des Gesprächs erscheint im Newsletter Mai 2022.

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