Digitale Probe

In einer Zeit steigender Mobilität und wachsender Vernetzung bilden sich in Musik, Theater und Performance jetzt öfter Gruppen und Ensembles, die Mitglieder an verschiedenen Orten haben und von Produktion zu Produktion auch wechselnde Gäste einbeziehen. Die Digitale Bühne bietet ihnen den Arbeitsraum, um online gemeinsam Stücke zu entwickeln, Kompositionen einzuüben und von verschiedenen Orten aus zu proben. In der Musik ist der digitale Probenraum auch ein Medium, in dem Bands und Gruppen zusammenfinden. Manchmal lernen sich - vor allem junge - Musiker:innen über das Internet kennen, spielen online auf der Digitalen Bühne einige Sessions und treffen sich, wenn die Wellenlänge stimmt, später für gemeinsame Proben auch im analogen Raum. Das Zentrum für Popularmusik Brandenburg (ZPOP) hat die Digitale Bühne speziell auf die Verwendung in Jam Sessions hin getestet. Neben Motiven der Inklusion und Internationalisierung spielt in der digitalen Probe auch die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Wir müssen uns nicht immer physisch bewegen, wenn wir gemeinsam musizieren oder Theater spielen wollen, und die digitalen Formate sparen uns darüber hinaus Zeit, die der künstlerischen Arbeit zugute kommen kann.

Musik

In der COVID-Pandemie wurden digitale Formate in der Probe zunächst als ein Ersatz verstanden für die physische Präsenz, die im Lockdown nicht mehr möglich war. Das Elbphilharmonie Publikumsorchester, Chöre aus der European Choral Association und viele andere Formationen konnten ihre Proben mit der digital-stage-ovbox fortsetzen, die anders als geläufige Videokonferenzdienste das gleichzeitige Spielen von verteilten Orten aus unterstützt. In Proben mit der Digitalen Bühne wurde aber auch schnell deutlich, dass ihr geteilter Audioraum in seiner Nähe eine neue Dimension des Hörens eröffnet. Unabhängig von der Pandemie und über sie hinaus zeigte sich die Digitale Bühne weiter als ein Medium der Inklusion, indem sie Mitglieder von Chören, Gruppen und Ensembles, die gerade reisen, krank oder immobil sind, digital an der Probe teilnehmen lässt und Menschen einbinden kann, die sonst keine Möglichkeit hätten, mit anderen zu musizieren. Ebenso ist die Digitale Bühne ein Mittel der Internationalisierung, wenn ein Chor zum Beispiel Chorleiter:innen, die an weit entfernten Orten im Stil einer anderen Kultur arbeiten, digital in die Probe zuschaltet und von ihnen lernt, oder wenn Orchester gemeinsam Stücke für ein Festival oder ein Freundschaftskonzert einüben.

Musiktheater

In den letzten 40 Jahren wurden immer wieder einmal Opernaufführungen im Fernsehen live übertragen oder später auch auf DVD aufgezeichnet - was dem Publikum durch eine Kameraführung mit Live-Schnitt und Zoomeinstellungen erlaubt, „näher“ am Geschehen auf der Bühne teilzuhaben, ohne dabei aber das Live-Erlebnis im Opernhaus ersetzen zu können. Anders als die aufwendige Kunstform Oper arbeiten die Kammeroper und das Musiktheater mit einem kleineren Orchester und Ensemble, geben dem schauspielerischen Element ein größeres Gewicht und zeigen oft ein experimentelleres Bühnenbild. In beiden Formate sind digitale Proben sinnvoll, vor allem dann, wenn das Ensemble an verteilten Orten lebt und vielleicht auch Gastsänger:innen einlädt, die wieder von anderen Orten aus dazukommen. In der Probe auf der Digitalen Bühne können sich die Sänger:innen mit dem Orchester abstimmen und auch performative Sequenzen einüben. Wenn auf die digitale Probenarbeit und die analogen endproben eine hybride Aufführung folgt, ist damit die Möglichkeit gegeben, an kleinen, unscheinbaren Orten aufzutreten und trotzdem ein weites, internationales Publikum zu erreichen. Auf diesem Weg wird zugleich die lebendige Kultur auf dem Land gestärkt.

Theater

Seit mehr als 20 Jahren kennen wir den Einsatz digitaler Elemente in der Theaterproduktion: digitale Projektionen bereichern das Bühnenbild, Akteur:innen auf der Bühne werden per Video aus ungewohnten Blickwinkeln gezeigt, vorproduzierte Film- und Videosequenzen oder Live-Szenen mit Schauspieler:innen an anderen Orten werden auf die Bühne eingespielt - in verschiedenen Aspekten wird der Raum und auch die Zeit der analogen Bühne digital erweitert. „Die Art und Weise des Produzierens im digitalen und im gespielten Live-Ereignis greifen immer mehr ineinander und sind eigentlich kaum noch voneinander zu trennen. Mit der Pandemie hat sich noch einmal ein enormer Schub ergeben, digitale Begegnungen als tatsächliches Arbeitsmedium zu nutzen“, sagt Thomas Engel, ehemaliger Leiter des deutschen Zentrums des Internationalen Theaterinstituts. In dieser Konstellation kann die Arbeit mit digitalen Elementen live on stage und ebenso digital auf Distanz geprobt werden. Aber auch für traditionelle Theaterformate bieten sich digitale Proben an, um Entfernungen zu überbrücken - entsprechend weit ist das Spektrum unserer Projektbeispiele.

Klanginstallation / Performance

In der Avantgarde der klassischen Moderne hatten Komponisten wie Schönberg, Berg und Ives die traditionellen Harmonien der Musik verabschiedet, und ab den 1950er Jahren haben John Cage und andere Komponisten Klangfolgen mit performativen Elementen verbunden. Im Bereich der populären Musik löste der Industrial Trend der 1980er Jahre musikalische Abläufe in Klangspuren auf, die oft in eine Performance eingelagert waren. In derselben Zeit begannen die Klangkünste, in Field Recordings und Soundscapes mit Klängen vor allem der städtischen Umgebung zu arbeiten, und im Zusammenfluss dieser Tendenzen waren dann öfter Klanginstallationen in Kultureinrichtungen wie auch im öffentlichen Raum zu sehen und zu hören - Formen visueller Kunst werden hier einbezogen. Im Feld der Literatur finden Lesungen in Interaktion mit anderen Kunstformen und mit spezifischen Orten oft als performative Ereignisse statt. In allen diesen Arbeitsfeldern kann die Digitale Bühne für Proben sinnvoll eingesetzt werden, wie drei ausgewählte Projektbeispiele zeigen.

Mitmachen und ausprobieren